natürlich leben – ein kreativer ideenfundus

Der moderne Mensch ist schon ein kurioses Wesen: je „fortschrittlicher“ unser Alltag wird, um so mehr sehnen sich viele nach einem natürlicheren Leben. Und während die einen sagen „Wir können nicht mehr zurück“ – und einige wollen auch nicht – machen sich andere auf die Suche nach Erkenntnissen über natürliche Abläufe und Wirkstoffe.

natuerlich_lebenSimplify your life oder Ulrich Mohrs Simplonik sind beispielsweise Ansätze für ein einfaches Leben, das auf natürlichen Grundlagen fußt und ich bin sicher, die „Erfinder“ dieser Konzepte verdienen viel Geld damit. Es geht auch einfacher – und kostengünstiger: das beste Konzept ist die Erinnerung. Wie haben denn unsere Großeltern und Urgroßeltern gelebt und gearbeitet? Vieles aus der guten alten Zeit wurde von der Welle des Wirtschaftswunders ins Reich des Vergessens geschwappt – alles musste möglichst elektrifiziert und auf Knopfdruck funktionieren, chemisch war gut und modern und selber machen wurde belächelt.

Dieses Bild vom segensreichen Fortschritt ändert sich grade gründlich: die Negativeffekte einer fortschreitenden, einseitigen Technisierung werden immer sichtbarer und hinterlassen hässliche Spuren – in der Umwelt, in der Psyche und nicht zuletzt auch an unseren Körpern. Leben im Einklang mit der Natur ist en vogue und gleichzeitig offenbart sich bei dieser Bewegung, wie weit wir tatsächlich schon davon entfernt sind.

Erste Schritte für ein natürliches Leben sind allerdings einfach und wunderbar in den Alltag integrierbar – für alle, die keine Großeltern mehr haben, von deren Erfahrungen sie profitieren können, hat zum Beispiel Vivienne Bolton in ihrem Buch „Natürlich leben“ traditionelles Wissen für Küche, Haus und Garten aufgeschrieben.

Die einfachen und wirkungsvollen Tipps, Rezepte, Anleitungen und Anregungen hat sie sich von ihrer afrikanischen Großmutter sowie auf Reisen durch die ganze Welt abgeschaut und gemerkt. Die Fundgrube für Deko, Naturkosmetik, Heilmittel, Gaumenfreuden und einen ursprünglichen Garten sind in vier Kapitel eingeteilt und los gehts im Frühjahr: die Tage werden länger, die Sonne lässt sich wieder öfter sehen und da fällt mir doch tatsächlich auf, dass die Fenster mal wieder geputzt werden könnten. Auch sonst drängt es mich urplötzlich Richtung Frühjahrsputz.

Ich nutze ja grundsätzlich möglichst giftfreie Reinigungsmittel – zum Beispiel von frosch – deshalb war ich gespannt auf Vivienne Boltons Tipps: sie empfiehlt für den natürlichen Frühjahrsputz einfache und effektive Zutaten wie Natron und Borax – klassische Reiniger mit vielen Einsatzmöglichkeiten, zum Beispiel zum Silber putzen oder für einen fleckenlosen Kühlschrank.

Gegen Kalkablagerungen hilft eine Mischung aus Natron und Essig und beim Fenster putzen erzielen Essig und Zeitungspapier genau so strahlend saubere Ergebnisse wie handelsübliche, doch meist hochgiftige Reinigungsmittel – ehrlich, ich habs ausprobiert! Auch Zitronensaft, Seifenflocken, Bienenwachs und Olivenöl helfen äußerst wirkungsvoll im Haushalt mit und das ganz ohne Gift und Chemie.

Außerdem im Kapitel Frühling: Tipps und Ideen für blühenden Zimmerschmuck, für Frühjahrsschlemmereien – zum Beispiel grüner Spargel, Löwenzahnsalat, Brennesselbier oder Holunderlikör – sowie fürs Ostermenü. Auch einige Kosmetikrezepte sind schon dabei, für erfrischendes Holunder-Gesichtswasser etwa.

Im Sommer entfaltet sich dann der ganze Reichtum der Natur: auf der Fensterbank und im Garten wachsen Kräuter, an den Sträuchern reifen farbenfrohe Beeren, Tomaten und andere Gemüsesorten, kurz: es gibt jede Menge Zutaten für Feines aus der (Kosmetik-)Küche! Wie wärs mit selbst gemachten Kräuterbädern, Rosen- und Lavendelhandcreme? Oder mit herrlichen sonnengetrockneten Tomaten, mit Konfitüren und Sommerdrinks?

Wer erst mal erfolgreich ein paar Rezepte ausprobiert hat, mag gar nicht mehr aufhören und experimentiert bald lustvoll mit Lieblingszutaten die gerade da sind und findet eigene Kreationen. Weiter gehts im Herbst – da wird vor allem Eingemacht und Hausmittel wie Holundertonikum oder Ingwerbäder helfen beim Gesundbleiben.

Im Winter duftet es fein nach Lebkuchen, Tannenzweigen und selbst gemachten Potpourries, im Garten wird die Wintersonnwende zelebriert und lange Abende eignen sich prima um beispielsweise eine hübsche Wolldecke zu machen, zu flicken oder Dinge zu reparieren. Auch Körper und Seele wollen Zuwendung: so versüßen Weihnachtsnaschereien die kalte Jahreszeit und ausgetrocknetes Haar wird mit Salbeihaarwasser oder eine Ölkur wieder glänzend gepflegt.

Der schön bebilderte Ratgeber ist ein abwechslungsreicher, zeitloser Ideen-Fundus für Alltäglichkeiten und ein toller Impulsgeber für alle, die natürlichen Genuss zu schätzen wissen.

Vivienne Bolton „Natürlich leben. Traditionelles Wissen für Küche, Haus und Garten“, 176 Seiten, Hardcover, 22 Euro 90, Jan Thorbecke Verlag

 

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